Geschichte

Burg Liedberg

Das heutige Schloss erhebt sich günstig gelegen auf dem östlichen Gipfel und beherrscht weit und breit die Landschaft. Es ist wohl in seinen Ursprüngen nicht die Stammburg der Herren von Liedberg – diese residierten nach dem bisherigen Stand der Forschung im Mühlenturm. Vielmehr scheint es so, dass Liedbergs „dritte Befestigungsanlage“ unter dem Erzbischof von Köln entstand – und damit eine mit Schloss Hülchrath vergleichbare Entstehungsgeschichte hatte. Baugeschichtlich ging die bisherige Forschung davon aus, dass die geschichtliche Betrachtung die Periode 1262 bis 1267 oder 1271 bis 1278 empfieht. Kurköln bzw. Jülich waren zu der Zeit in ruhigem Besitze Liedbergs. Aktuelle Überlegungen der Landesdenkmalpflege, die das Schloss in den Jahren 2008 bis 2010 einer intensiven bauforscherischen Untersuchung unterzog (Frau Dr. Dohmen, LVR), datieren Liedberg später und gehen von einer Entstehungszeit des Hauptturmes und einiger weniger weiterer Begleitgebäude (heute nur noch in Spuren ablesbar) zur Mitte des 14. Jahrhunderts aus.  

Das eigentliche Schloss bedeckt die östliche Höhe der Bergkuppe und schließt sich mit seinen Umfassungsmauern deren Größe vollständig an. Der große viereckige Hauptturm ist vierstöckig und hat eine Mauerstärke von 1,60 m. Sein oberstes Geschoss ist vorgekragt und ruht auf einem Spitzbogenfries, welches zur Verteidigung des Torbereiches durch eine so genannte Pechnase, welche aus diesem Fries hervorragt, ergänzt wurde (Gusslöcher). Über dem Bogenfries besteht der Aufbau aus Römer-Tuff. Im zweiten und dritten Geschoss öffnen sich nach jeder Seite große Fenster mit Hausteinrahmung, deren Entstehung auf eine barocke Vergrösserung ursprünglich mittelalterlicher Fenster zurückzuführen ist. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Turmetage sind aber durch Freilegungen im Jahre 2008 auch noch originale bauzeitliche Querstockfenster mit innenliegenden Sitznischen gefunden worden. Sie waren seit etwa 1705, dem Zeitpunkt des Barockumbaus, vermauert.

Ob ursprünglich ein ebenerdiger Zugang zum Turm bestanden hat, ist nicht erwiesen. Im Turm selber befindet sich aber im ersten Turmobergeschoss eine Türöffnung, die unter Umständen den Ausgang einer in einem Treppenturm aussen untergebrachten gewendelten Steintreppe in den Raum gedient haben könnte. Diese These wird unterstützt durch das bei archäologischen Arbeiten im Jahre 2008 aufgedeckte kreisrunde Fundament dieses vermuteten Treppenturmes, dass seinen Ausgang rechts vor dem heutigen Burgtor aber innerhalb des seinerzeitigen Zwingers gehabt hätte. Andere Überlegungen gehen dahin, einen bauzeitlichen Treppenturm an der nordöstlichen Ecke des Turmes zu vermuten. Entsprechende Erkenntnisse lassen sich aus der genauen Analyse der heutigen Bausubstanz an diesem Ort ableiten. Klar ablesbar sind im übrigen auch heute noch Spuren der Treppenführung vom ersten Obergeschoss in das zweite und auf das Dach – in Form einer schmalen gewendelten Treppe innerhalb des 1,60 m starken Mauerwerkes der Nordwand (in Ansätzen noch vorhanden, aber verbaut bzw. durch den späteren Einbau der Barocktreppe oben zerstört). Die Treppe war halb in die Wände eingelassen, halb in den Raum hineinragend. Die Verbindung führte also vom ersten Turmgeschoss zum zweiten - und von da auf das früher zinnenumwehrte Dachgeschoss). Man konnte sich also innerhalb des Turmes nur über diese sehr schmale Stiege bewegen auf der „keine 2 Menschen aneinander vorbeikamen“ – was eine Verteidigung der Treppe einfach machte .

Weitere Baulichkeiten entstanden nachfolgend. Erzbischof Wilhelm von Gennep ließ um 1350 große Bauten am Schlosse vornehmen. Der Umgang wurde 1392 oder 1446 in Steinen neu errichtet, nachdem1391 die früheren Befestigungen bei der Bestürmung von Engelbert von der Mark zerstört worden waren. Diese Ringmauer umzieht bis heute nach einer umfassenden Instandsetzung in den 1980ern sowohl den ganzen inneren Schlosshof als auch grosse Teile der Vorburg. Sie besteht im Unterbau aus großen Sandsteinblöcken und im Oberbau aus Backstein. Die Mauer misst 2,25 m Stärke, doch ist sie nicht voll gemauert, sondern wie die Stadtmauern von Bonn, Köln, Neuss, Zons innen durch große rundbogige und spitzbogige Blenden entlastet. Ursprünglich um den ganzen Hof, führt, heute noch hälftig erhalten, auf der Mauer ein breiter mit Sandsteinplatten belegter Umgang hin, den nach außen noch eine 40 cm breite Brüstung abschließt.

Damals (1392) wurden auch, wahrscheinlich in diesem Umgang, neue Wachtürme aus Sandsteinquadern erbaut. Hierzu zählt auch die so genannte Buttlerei, heute noch im wesentlichen aufstehend, wenn auch ohne Dach, ein früher, in die Phase der Errichtung der Schlossmauer fallender Turm, in dem wohl nach der Überlieferung auch die Gefangenen festgesetzt wurden. Der so genannte Vogelsang, ein Gebäude rechts des Hauptturmes, wurde um 1500 als Turm in Holz, nach 1600 in Ziegelstein erbaut. Bis 2010 stand dieser Gebäudeteil nach einem Einsturz 1896 nicht mehr, wurde aber jüngst im Rahmen der laufenden Restaurierungsarbeiten wieder errichtet.

Vollständig von Mauern umgeben ist auch die Vorburg. Die Wohnhäuser des Ortes Liedberg befanden sich zunächst wohl nur innerhalb der Vorburg des Schlosses, die Schutz gab. Es standen lediglich zwei Häuser schon vor 1600 außerhalb des Burgareals. Die Burg wurde laut früherer Quellen an mehreren Seiten von einem bis zu 5m tiefen bis zu 10m breiten Wassergraben umgeben, der heute nur noch auf den Schiffgarten zu (Scheepbongert - weil man vom Schloss nur mit einem Nachen zu diesem Garten übersetzt – jedenfalls nach Bremer) erhalten ist. Im Westen war der einzige Zugang zur Burg. Unmittelbar vor dem Tor des Bergfrieds war ein breiter Wassergraben. Hierüber führte eine Brücke von zwei Jochen, deren letzten durch eine Zugbrücke ersetzt wurde, die man vom Bergfried auf den Brückenpfeiler herunter ließ.

Libborch

Über den ursprünglichen mittelalterlichen Zustand der Burg ist baulich mittlerweile nach den umfassenden Untersuchungen des LVR einiges bekannt. Die entsprechenden Erkenntnisse wurden mittlerweile publiziert (Jahrbuch des LVR des Jahres 2011)Eine frühe Abbildung liefert der Stich „Libborch“, er zeigt eine Abbildung der Burg noch mit der alten Dachform auf dem Bergfried.

Es ist aber bekannt, dass in Folge des holländischen Krieges von 1672 bis 1679 der Ort Liedberg stark betroffen war und nach erheblichen Angriffen der Holländer 1673 fast vollständig abbrannte. Der Wiederaufbau begann 1680 und war 1760 mit dem heute noch erhaltenen Ortsbild abgeschlossen.

Auch die Burg wird nennenswert in Mitleidenschaft gezogen worden sein.
Im Zusammenhang mit den dann anstehenden umfangreichen Reparaturen bzw. Wiederaufbauten wird Schloss Liedberg vermutlich seine heutige barocke Überformung erhalten haben und sich damit von einer mittelalterlichen Burg mit Wehrcharkter zu einem Schloss mit stärkerer repräsentativer Aussage gewandelt haben.

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